Interview Oberbürgermeister Matthias Klopfer hat während seines Wahlkampfs nicht vorbeigeschaut. Dabei ist Sirnau ein zwar kleiner, aber feiner Esslinger Stadtteil. Was sich der Bürgerausschuss wünscht, äußerte sein Vorsitzender Mirko Engel im Interview.
Von Simone Weiß
Quelle: Artikel vom 12.09.2022 © Eßlinger Zeitung
ESSLINGEN. Ein kleiner Stadtteil mit einem großen Selbstbewusstsein: Sirnau hat einige Wünsche, meint Mirko Engel als Vorsitzender des Bürgerausschusses.
Mirko Engel vom Bürgerausschuss. (Foto:privat)
Wie fällt Ihre Bilanz von Oberbürgermeister Matthias Klopfer aus?
Für eine Bilanz ist es zu früh, da wir bisher wenig Kontakt zu ihm hatten. Auch während seines Wahlkampfes ist er in Sirnau nicht vorbeigekommen. Gute Ansätze sind stellenweise zu erkennen. Da warten wir gespannt auf die Umsetzung.
Bereits im Wahlkampf hatte der Bürgerausschuss von Sirnau eine bessere Kommunikation eingefordert. Gibt es Verbesserungen?
Teilweise hat sich dies verbessert. Es gibt aber weiterhin Verbesserungsbedarf. Wir haben nun einen Kontakt, bei dem wir tatsächlich auch immer eine Antwort erhalten. Positiv können wir hier auch das Tiefbauamt erwähnen, das uns kontaktiert hat, um über bevorstehende Baumaßnahmen zu informieren. Leider kommt es auch vor, dass Mails als unzustellbar zurückkommen, wobei die Mailadressen in der Zeitung und auf esslingen.de kommuniziert werden.
Arbeitsplätze an Stelle von Lagerflächen im Industriegebiet ist ein weiterer Wunsch aus Sirnau. Hat sich etwas getan?
Ja, hier hat sich was getan - leider im negativen Sinn. Das Gelände an der Dornierstraße wurde mit einer Logistikhalle bebaut und in den Neckarwiesen hat sich ein Schwerlast-Logistikunternehmen angesiedelt. Entlang der K?1215 haben dadurch der LKW-Verkehr und somit die Lärmbelästigung zugenommen.
Ein Ärgernis in Ihrem Stadtteil ist die fehlende Beleuchtung von Fuß- und Radwegen.
Das größte Ärgernis hier ist die Beleuchtung zwischen der Sirnauer Brücke und dem Alemannenweg. Dieser Bereich wird von Fußgängern und dem Radverkehr gut frequentiert, und ist darüber hinaus sogar noch abschüssig. Die Beleuchtung wurde aber einst aufgrund von Sparmaßnahmen auf halbem Weg abgebaut. Die Laternenmasten stehen also durchgängig, jedoch ab halber Strecke ohne Beleuchtung. Dies birgt aus unserer Sicht ein zu hohes Risiko für Unfallgefahren.
Die evangelische Kirche hat in Sirnau Sparmaßnahmen umgesetzt. Haben sich diese Einschränkungen negativ auf das sozial-konfessionelle Leben ausgewirkt?
Sirnau hat seit Jahren keinen Mesner mehr. Auch die Pfarrstelle wird nicht zu 100 Prozent ausgeübt. Dadurch finden im Stadtteil nur noch drei Gottesdienste im Jahr statt - an Ostern, Erntedank und Weihnachten. Diese Gottesdienste müssen von Bürgerinnen und Bürgern vorbereitet werden. Sie kümmern sich etwa um die Bestuhlung oder das Baumschmücken an Weihnachten. Auch die Ausgestaltung der Gottesdienste wird von freiwilligen Privatpersonen übernommen. Das Engagement zeigt hier aber die Wichtigkeit der Kirche und der gut besuchten Gottesdienste. Die Altennachmittage und Bibelstunden wurden schon vor langer Zeit abgeschafft.
Was passiert mit den kirchlich nicht mehr genutzten Gebäuden?
Über die Zukunft des evangelischen Gemeindezentrums haben wir leider keine offiziellen Informationen. Der Erhalt ist den Sirnauern wichtig, denn in diesem Gebäude findet nicht nur kirchliches Leben statt. Der Gemeinderaum wird auch als Wahllokal, Turnraum oder beim Maifest genutzt und privat für Feierlichkeiten angemietet. Für die Sirnauer steht kein anderes Gebäude zur Verfügung. Die katholische Kirche hat sich bereits aus Sirnau verabschiedet. Ihr Gebäude ist zur Zeit an die rumänisch-orthodoxe Gemeinde vermietet.
Die Standortinitiative SiNN plant einen Solarpark in den Neckarwiesen, der neben Zell und Oberesslingen auch Sirnau umfassen würde. Wie stehen Sie dazu?
Wir haben über das Projekt leider nur aus der Zeitung erfahren. Uns fehlen deshalb auch Informationen. Daher können wir dazu noch keine Stellung nehmen. Wir sind aber bereits dabei, uns Informationen zu beschaffen.
Der Holzsteg zur Neckarinsel wird ab- und wieder aufgebaut und ist daher für insgesamt drei Monate wegen Sanierungsarbeiten gesperrt. Welche Folgen hat das aus Ihrer Sicht?
Wir werden die Auswirkungen voraussichtlich mit der Öffnung der Eisbahn spüren, da die Parkplätze an der Zeppelinstraße und bei Eberspächer nun nicht mehr mit einem kurzen Fußweg erreicht werden können. Wir vermuten hier zusätzlichen Parkverkehr und Parkplatzbedarf in Sirnau. Der Fußweg zur S-Bahn ist auch erschwert. Doch er ist grundsätzlich unattraktiv, da die Beleuchtung auf der Neckarinsel mangelhaft ist und im Winter der Winterdienst nur eingeschränkt getätigt wird.
Wie gehen Sie mit der Energiekrise um?
Sirnau ist leider nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen, daher wird größtenteils mit Gas geheizt. Auch Festbrennöfen und Nachtspeicher sind noch in Betrieb. Vereinzelt wird auch mit Öl geheizt. Die Gegebenheiten für regenerative Energien sind nicht optimal, da in Bezug auf Photovoltaikanlagen die Dachausrichtung bei den meisten Häusern nicht rentabel ist. Aufgrund des Alters der Gebäude und der Bauweise sind auch Wärmepumpen ohne größere Modernisierungsinvestitionen nicht effizient möglich. Fehlende Dämmung, kleine und zu enge Kellerräume für benötigte Pufferspeicher stellen unter anderem ein weiteres Problem dar. Wir sehen den Handlungsbedarf bei der Stadt. So könnte die Stadt mit zusätzlichen Förderungen für Photovoltaikanlagen einen Anreiz schaffen Des Weiteren sollte die Stadt selbst in erneuerbare Energien investieren. Der Gebäudebestand auch außerhalb der Altstadt ist vorhanden. Hier könnte man die Bevölkerung durch Bürgergenossenschaften ebenfalls mit einbeziehen.
Welche Anliegen brennen dem Bürgerausschuss unter den Nägeln?
Weiterhin der Wunsch nach einer besseren Kommunikation mit der Stadt. Teilweise hat sich das verbessert, jedoch ist hier noch deutliches Potenzial vorhanden. Die Digitalisierung der Ämter muss vorangetrieben werden, die Zustände zum Beispiel auf dem Bürgeramt sind eine Zumutung. Ein weiteres Anliegen ist der Breitbandausbau. Stellenweise ist Sirnau noch nicht mit schnellem Internet versorgt. Auch die Stabilität der Verbindung lässt zu wünschen übrig. Homeoffice ist somit nicht oder nicht zuverlässig möglich.
Der Bürgerausschuss Sirnau
Person Mirko Engel wurde 1983 geboren, wuchs in der Pliensauvorstadt auf und lebte mehrere Jahre in Berkheim. Seit 2014 wohnt er in Sirnau, wo er seit 2019 dem Bürgerausschuss angehört. Seit 2022 ist er nach dem Wegzug des bisherigen Amtsinhabers kommissarischer Vorsitzender. Mirko Engel arbeitet als Head of E-Commerce.
Gremium Der neunköpfige Bürgerausschuss in Sirnau konzentriert sich nach eigenen Angaben vor allem auf den Erhalt und die Verbesserung der Wohnsituation und Lebensqualität im Stadtteil. Wichtig seien auch der Erhalt und die Förderung eines intakten Gemeinwesens. Der Bürgerausschuss versteht sich als Ansprechpartner für Einwohner, Vereine und andere Organisationen.