Die ökologisch neu gestaltete Grünfläche zwischen der B 10 und dem Möbelhaus wird mit der „Goldenen Wildbiene“ des Landes ausgezeichnet.
Von Simone Weiß
Quelle: Artikel vom 25.08.2021 © Eßlinger Zeitung
ESSLINGEN. Selbst ein Baubürgermeister – und vor allem ein Baubürgermeister von Esslingen – muss die freie Fahrt von Radlern auf Radwegen respektieren. Eine Radfahrerin schimpfte daher wie ein Rohrspatz, als Hans-Georg Sigel ihr unwissentlich den Weg an der Sirnauer Brücke versperrte. Doch der Nachfolger von Wilfried Wallbrecht hatte dafür einen triftigen Grund: Das Land Baden-Württemberg zeichnete ein Esslinger Ökologie-Projekt mit der „Goldenen Wildbiene“ aus. Die etwa 11.000 Quadratmeter große Fläche zwischen der B 10 und dem Möbelhaus Rieger am „Sirnauer Ohr“ sei auf vorbildliche Art in eine insektenfreundliche Grünfläche umgewandelt worden, lobte Elke Zimmer, Staatssekretärin im Verkehrsministerium, bei der Einweihung der neuen Hinweistafel auf der Sirnauer Brücke.
Insektenhotel? Nein. Bei der Bezeichnung schüttelt Martin Weiss den Kopf. Das Büro des Biologen hat der Stadt Esslingen Tipps für die ökologische Neugestaltung der Wiese am „Sirnauer Ohr“ gegeben, und eine Maßnahme hin zu mehr Insektenfreundlichkeit war die Schaffung einer Nistwand für Wildbienen. In den Löchern im Erdreich der Böschung würden die Insekten beste Bedingungen für ihren Nachwuchs vorfinden. Außerdem, so ergänzt Karin Weiss als Mitinhaberin des Büros, wurden auf verschiedenen Teilbereichen der Grünfläche Wiesenpflanzen wie Wilde Möhre oder Margeriten eingepflanzt. Eine Stammpyramide aus Totholz soll weitere Zufluchts- und Nistmöglichkeiten für Insekten schaffen. Doch der Clou der Maßnahmen ist nach Angaben der Biologin die Änderung der Pflegebedingungen der Fläche. Sie müsse nun nicht mehr gemulcht, sondern könne gemäht werden. Dadurch würden sich weniger Nährstoffe anreichern, die vor allem das Wachstum von Brennnesseln fördern würden.
Maßnahmen, die Wirkung zeigen, wie Staatssekretärin Elke Zimmer betonte. Sie enthüllte die Hinweistafel auf der Sirnauer Brücke und erklärte, dass die „Goldene Wildbiene“ für herausragendes Engagement im Insektenschutz überreicht werde. Die Auszeichnung sei Teil des Wettbewerbs „Blühende Verkehrsinseln“ und werde für die Umgestaltung von Rastplätzen, Kreisverkehren oder anderen straßennahen Plätzen zu insektenfreundlichen Blühflächen mit heimischen Pflanzen verliehen. Gerade mit Blick auf die verheerenden Waldbrände, Flut- und anderen Naturkatastrophen seien Maßnahmen gegen den Klimawandel ein Gebot der Stunde. Das „Sirnauer Ohr“ sei von einem artenarmen, grasdominierten Grünland durch verschiedene Saatgutmischungen, blütenreiche Saumstrukturen und einen Gehölzstreifen als Lebensraum und zum Nestbau für Vögel zum Insektenparadies geworden.
Eine Vorbildfunktion erhofft sich Hans-Georg Sigel von der Auszeichnung. Städte und Kommunen allein könnten Umwelt- und Insektenfreundlichkeit nicht stemmen. Der Baubürgermeister wünscht sich daher eine Signalwirkung bei Firmen, Privatpersonen oder Vereinen, die ebenfalls Flächen umgestalten könnten. Das, so fügt Gebhard Räcke vom städtischen Grünflächenamt hinzu, muss nicht teuer sein. Er bezifferte die Investitionen für das Öko-Projekt am „Sirnauer Ohr“ mit 6000 Euro, die Bewirtschaftungskosten pro Quadratmeter würden sich auf 60 Cent belaufen. Durch die Auszeichnung mit der „Goldenen Wildbiene“ jedenfalls haben sich die ökologischen Maßnahmen am „Sirnauer Ohr“ mehr Gehör verschafft.