Dominikanerinnen legen 1241 den Grundstein fürs heutige Hofgut Sirnau- Wechselvolle Geschichte mit Zerstörung und Wiederaufbau

Eine überwältigende Rosenvielfalt, mediterrane Pflanzen und unterschiedlichste Düfte verbreiten südländisches Flair. Kaum vorstellbar in diesem idyllischen Ambiente sind die großen und kleinen Katastrophen, die das heutige Hofgut Sirnau während vergangener Jahrhunderte durchlebt hat. Diplom-Archivarin Ursula Kümmel vom Stadtarchiv hat die spannende Geschichte des Anwesens gründlich recherchiert, das Keimzelle eines der beiden ehemaligen Dominikanerinnen-Klöster im Esslinger Stadtgebiet ist.

Quelle: Esslinger Zeitung - 28.05.2008
Von Elisabeth Schaal

Dominikanerinnen aus Kirchheim hatten 1241 das Sirnauer Kloster zum Heiligen Kreuz gegründet, doch bestand schon vorher in Sirnau eine Pfarrei. Ursula Kümmel geht davon aus, dass gerade einmal fünf Jahre, nachdem sich die frommen Frauen in Sirnau eingerichtet hatten, etwas Schlimmes passiert sein muss: „Papst Innozenz IV. versprach Gläubigen, die für den Wiederaufbau des Klosters spendeten, einen 40-tägigen Ablass.“ Das Heer der Sünder muss groß gewesen sein, denn es folgte eine nicht enden wollende Welle von Stiftungen und Schenkungen zugunsten des Klosters, das Besitz und Einkünfte deutlich vergrößern konnte.

Dominikanerinnen geben auf

Nicht ohne den Neid der weltlichen Nachbarn zu wecken: Besonders die Grafen von Aichelberg von der benachbarten Körschburg überfielen das Kloster immer wieder, die Schwestern mussten fliehen. Nachdem sich das innerhalb von 50 Jahren sechsmal wiederholt hatte, gaben die Frauen entnervt auf und suchten Schutz in Esslingens Stadtmauern. 1292 erhielten sie die Erlaubnis, sich am westlichen Rand der Pliensauvorstadt niederzulassen. Kümmel: „Dabei handelte es sich allerdings nicht um die heutige Pliensauvorstadt, sondern um einen mit einer eigenen Mauer versehenen Bereich der heutigen Fußgängerzone Innere Brücke und Pliensauvorstadt.“ Wegen Misswirtschaft, hoher Baukosten und nicht zuletzt dem ihnen bescheinigten „unandächtig oder ungeistlich“ geführten Lebenswandels ging es mit dem Kloster kontinuierlich bergab: 1525 übergaben es die Priorin und die noch verbliebenen 16 Nonnen samt Hofgut und Einkünften als „Gottesgabe“ dem Esslinger Katharinenhospital.

Den Sirnauer Hof hatten die Schwestern seit 1292 von einem sogenannten Meier bewirtschaften lassen. Den großen Städtekrieg - Esslingen gegen Württemberg - der mit der Niederlage der Reichsstädte endete, überstand der Hof nicht unbeschadet: 1449 wurde er weitgehend zerstört. Wieder aufgebaut, ereilte ihn während des Bauernkriegs 1525 dasselbe Schicksal.

Das Katharinenhospital ließ ihn von 1544 an wieder aufbauen, die Umfassungsmauer war 1576 vollendet. Was die vom Katharinenhospital bestellten Hofmeister erwirtschafteten, nötigt dem heutigen Pächter Walter Bräuninger großen Respekt ab: „Man muss ja bedenken, dass die Landwirtschaft damals nur einen Bruchteil so effizient und die Zucht nicht so fortgeschritten war wie heute.“ Rund 240 Morgen Äcker und 180 Morgen Wiesen umfasste die Fläche: „Ein Morgen war die Fläche, die ein Bauer mit einem Fuhrwerk an einem Morgen mit der Egge oder dem Pflug bearbeiten konnte, also etwa ein Drittel eines Hektars“, verdeutlicht Bräuninger. Bewirtschaftet wurden also rund 140 Hektar. Eine Abrechnung von 1591/92 belegt, dass Roggen, Dinkel, Hafer, Gerste, Erbsen, Heu und Holz geerntet wurden. Innerhalb eines Jahres wurden unter anderem an das Spital geliefert: Elf Gänse, sieben Kapaune, zwei alte Stiere, vier alte Kühe, drei Milchkälber, acht alte Hammel, 62 Schweine, 60 alte und 20 junge Hühner, gut vier Zentner Käse, mehr als neun Zentner Milchschmalz und 178 Pfund Wolle. Dazu noch 4312 Eier. Ganz schön viel, brachte es ein Huhn zur damaligen Zeit jährlich gerade einmal auf 50 Eier - heutige hochgezüchtete Kolleginnen schaffen gut das Fünffache. Neben dem Hofmeisterpaar waren Mägde, Knechte, ein Baumeister, ein Schäfer und zwei Waldschützen beschäftigt. Zu Erntezeiten kamen Taglöhner dazu.

Nachdem das Katharinenhospital Anfang des 19. Jahrhunderts aufgelöst und die Gebäude, die auf dem heutigen Marktplatz standen, abgerissen wurden, verpachtete die Stiftsverwaltung als Rechtsnachfolger den „in dem fruchtbaren und freundlichen Neckarthal zwischen Esslingen und Deizisau“ gelegenen Hof („Anzeigen-, Amts- und Intelligenzblatt für das Oberamt Esslingen vom 14. August 1841) jeweils für neun Jahre.

Erst 1929 eingemeindet

Auf die Pächter wartete „ein gut eingerichtetes“ Wohn- und Ökonomiegebäude, wobei das zweistöckige Wohnhaus von 1786 schon damals ein Glockentürmchen trug. Im einstockigen Haus waren Fruchtboden und Schweinestall untergebracht. Damals gehörten 180 Hektar Äcker, Wiesen, Weiden und Baumgärten zum Hof. Am 5. Mai 1829 wurde er gerichtlich und polizeilich der Gemeinde Deizisau zugeschrieben. Erst 1928 wurde Sirnau nach Esslingen eingemeindet.

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