ES-Sirnau: nach dem Auszug des Waldorfkindergartens Ende August wird das 1950 im Bussardweg 3 eingeweihte Gebäude aufpoliert.

Die Sirnauer hätten sich gefreut, wenn ihre alte Schule nach dem Auszug des Waldorfkindergartens zum Bürger- und Vereinshaus geworden wäre. Dies hatte die Stadt als Eigentümerin jedoch abgelehnt. Danach waren Befürchtungen laut geworden, das Areal mit dem geschichtsträchtigen Gebäude könnte an einen Bauträger verkauft werden. Doch nun braucht die Stadt die Räume erst einmal für den Nachwuchs: Ab 1. August haben Eltern für Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, und dafür entstehen in Sirnau drei Gruppen.

Quelle: Esslinger Zeitung - 04.06.2013
Von Elisabeth Schaal


Als kultureller und geselliger Mittelpunkt der Siedlung wurde die Sirnauer Grundschule bei der Einweihung Anfang Januar 1950 gelobt. Das Kleinschulhaus inmitten der Siedlerhäuser erhielt bereits sieben Jahre später einen Erweiterungsbau. Das in seiner Umgebung nur wenigauffallende Gebäude war die erste Schule, die in Esslingen nach dem Krieg gebaut wurde. Eine Freude übrigens auch für das Kultusministerium: Ministerialrat Schneckenburger freute sich bei der Einweihung über die schöne Aufgabe, „fast in jeder Woche ein neues Schulhaus in Baden-Württemberg einweihen zu können“. Wie sich die Zeiten doch ändern . . .
Zunächst war in Esslingen überlegt worden, lediglich eine einklassige Dorfschule zu errichten. Dann sei man allerdings zu der Überzeugung gelangt, es sei sinnvoll, die Schule möglichst nahe an Heimatort und Elternhaus zu legen, sagte der damalige Oberbürgermeister Dieter Roser. Mit dem Erweiterungsbau war aus der einklassigen eine zweiklassige Schule geworden. Die Kinder des ersten und zweiten Schuljahrs waren zusammengefasst zu einer Klasse und wurden von Oberlehrer Hans Bruy unterrichtet, um die Dritt- und Viertklässler kümmerte sich 14 Jahre lang die Lehrerin Dorothea Hähnel. Sie, die sich 1958 an der Oberesslinger Herderschule vorgestellt hatte, wurde vom damaligen Rektor Roth postwendend in die Sirnauer Außenstelle geschickt. Ihre ersten Eindrücke dort und die Annäherung an die "heile Welt in Sirnau" hat sie detailreich und liebevoll aufgeschrieben.

Nach 22 Jahren endet Ära als Schule

Nachdem bei ihrem Antrittsbesuch ihr neuer Chef und die „Geistlichkeit“ sowohl Augen als auch ihre Autotür aufgerissen und sie „saumäßig freundlich“ begrüßt hätten, „schrumpfte meine Abwehrstellung gegen Sirnau ins nichts zusammen“. Nachzulesen ist dies im Buch „Unser
Sirnau“, das die im Februar verstorbene Ingeborg Letzelter, ein Sirnauer Urgestein, 1994 im Eigenverlag herausgebracht hatte. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel, so erinnert sich Hähnel, sei dann über Sirnau die Nachricht hereingebrochen, dass die Zweigstelle der Herderschule
im Herbst 1972 nach Ende des Schuljahres geschlossen werde.
Anfang der 80er-Jahre fand dann der 1972 gegründete Waldorfkindergarten im Bussardweg 3 ein festes Domizil. Drei Gruppen mit Plätzen für maximal 65 Kinder, darunter auch eine mit Ganztagsangebot, sind dort untergebracht. Doch weil dieser Standort „der pädagogischen Arbeit
nicht zukunftsfähig gerecht werden kann“, ist der Trägerverein nach jahrelangen Anstrengungen nun froh, dass direkt neben der Waldorfschule in der Pliensauvorstadt ein fünfgruppiger Kindergarten inklusive Kita gebaut werden kann. im September ist die Einweihung geplant.„Wir gehen hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Gruppenleiterin Veronic Balk. Das Haus in Sirnau habe eine ganz besondere Atmosphäre. „Die Kinder lieben auch den Garten, obwohl dort nicht mehr viel wächst.“ Man habe freundliche Nachbarn, auch wenn es immermal wieder Parkprobleme gebe: „Aber das gehört in Sirnaus engen Sträßchen ja dazu.“ Nun freue man sich auf mehr Platz im neuen Domizil. Der Trägerverein sieht sich am Ziel, Waldorfpädagogik als Erziehung aus einem Guss anbieten zu können, schließlich gehörten Kindergarten und Schule räumlich und konzeptionell zusammen.

Verschönerungen nötig

Sind die Waldorfkinder ausgezogen – der Umzug ist ab dem 26. August geplant – werden erst einmal die Handwerker einiges zu tun haben. Die Stadt braucht das Gebäude dringend für die Betreuung von unter Dreijährigen. Schließlich haben deren Eltern ab dem 1. August einen Rechtsanspruch auf einen solchen Platz. Drei Gruppen mit je zehn Kindern werden im Bussardweg einziehen, die erste Gruppe startet voraussichtlich im November. Was die Nachfrage betrifft, hat Bruno Raab-Monz weniger Sirnau, als die Stadtteil Stadtteile Zell und Oberesslingen im Blick. Das Einzugsgebiet erstrecke sich aber über die ganze Stadt, „wo vor Ort die Nachfrage nicht befriedigt werden kann“, betont der Leiter des städtischen Amts für Sozialwesen.
Für eine grundlegende Sanierung der alten Schule werden die 20 000 Euro, die dem Eigenbetrieb Städtische Gebäude Esslingen (SGE) zur Verfügung stehen, nicht reichen. Weil jedoch alles funktioniere, „sind eher Verschönerungsarbeiten nötig“, sagt Stefan Pursche von den SGE. Neben Maler-, Gipser-, Flaschner- und Sanitärarbeiten müsse das Parkett teilweise abgeschliffen und neu versiegelt werden.
Sobald die beantragten Mittel bewilligt sind, wird auch das städtische Grünflächenamt den Außenbereich für die Kleinen ansprechend gestalten – und dafür sorgen, dass dort wieder etwas wächst.

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